
Auf einem Schulhof, oh mein Lieber,
da ging´s mal drunter und mal drüber.
Die Schüler haben sich geschlagen,
die Lehrer hatten nichts zu sagen:
Es war ein Chaos wie noch nie
„Heut spielen wir DEMOKRATIE!“
Herrschaft des Volkes – das klingt gut!
Die Schüler voller Übermut
beschlossen gleich, was nötig wäre,
um Herr zu werden der Misere.
Sie riefen in der Überzahl:
„Wir machen eine freie Wahl.“
In jeder Klasse ward beraten:
„Wir brauchen einen Kandidaten.“
Ein Kandidat muss sehr laut schreien,
gut aussehen muss er obendrein.
Schlau muss er sein und recht gerissen,
sonst braucht er weiter nichts zu wissen.
Um in der Wähler Gunst zu steigen,
muss keiner seine Schwächen zeigen.
Manch Kandidat auch überlegt,
ob lieber er ´ne Maske trägt.
Dann kann er besser präsentieren,
um Wähler hinters Licht zu führen.
Ehrlicher Kampf wird wenig taugen,
denn jedem steht der Sieg vor Augen.

Die Lehrer mahnen würdevoll:
„Des Volkes Herrschaft ist nicht toll.
Es spült die Blender nur nach oben,
um sich mal richtig auszutoben.
Gebt acht, wem ihr die Stimmen schenkt,
denn mancher dumme Wähler denkt,
er dürft´ die Stimm´ dann noch erheben.
Oh nein! Er hat sie abgegeben!
Das Kandidat vertritt die Klasse,
die Wähler aber sind nur Masse.
Sie haben fortan nichts zu sagen.
Nun, wollt ihr dieses wirklich wagen?“
Die Schülerschaft, grad wie im Wahn,
fängt – hell verzückt – zu toben an:
„Wir wollen die Wahl auf jeden Fall –
wir wollen Volksherrschaft total!“

Der Herr Direktor kommt geschlichen,
die Farb´ aus dem Gesicht entwichen:
„Ja seid ihr denn verrückt geworden?
Ja, wollt ihr selber euch ermorden?
Die Wählerstimmen sind doch Waffen!
Ihr sollet doch mit euren Stimme
persönlich euch Gehör verschaffen!
Ihr brauchet eure eigene Stimme
noch euer ganzes Leben lang!
Jetzt gebt ihr eure Waffen ab?
Was ist das für ein Dummenfang!
Und außerdem, ich muss gestehen,
wer könnt´ die Sache übersehen?
Die Kandidaten kleiner Klassen
dienen doch nur als Alibi,
damit die hohen Kandidaten
euch schließlich treiben wie das Vieh!
Den Kleinen fehlt es doch an Reife!
Ach, dass doch einer dies begreife!“

Die Schülerschaft, schon recht gaga –
brüllt immer lauter ihr ´Hurra´!
„Wir horchen nicht mehr auf die Alten!
Wir wollen uns jetzt selbst verwalten!“
Der Direx ist jetzt sehr verwirrt.
Hat er sich in der Zeit geirrt?
Autorität? Das ist vorbei.
Ein jeder Mensch ist jetzt ganz frei.
Ob er denn auch die Reife hat?
Das steht auf einem andern Blatt.
„Ich will der neuen Zeit genügen,
muss leider mich der Mehrheit fügen.“

Und schon beginnt der Tingeltang,
der große Wählerstimmenfang.
Ein jeder Spitzenkandidat
kriegt jetzt ein großes Schießgewehr,
doch ist damit nichts anzufangen,
noch ist das Magazin ganz leer.
Noch mangelt es an Munition,
die müssen erst die Wähler bringen.
Die Wähler liefern die Patronen,
so kann der Wahlkampf wohl gelingen.
Man sammelt Stimmen nicht zu knapp,
dann lädt man durch und drückt man ab.
Dann einzig Dumme ist dabei,
dass selbst man abgeschossen sei,
falls man den Gegenkandidat´
vorher nicht weggeballert hat.
Da ist ein großes Risiko,
das wissen auch die Kandidaten,
so ist ein wenig Mauschelei
in diesem Falle angeraten.
Man trifft sich und vereinbart prompt,
dass es zum Äußersten nicht kommt.

„Wir schießen nur mit Platzpatronen,
um gegenseitig uns zu schonen.
Denn wir, die Spitzenkandidaten,
sind viel zu gut für´s Volk geraten.
Dann kommt erst richtig Stimmung auf.
Das Volk liebt´s, wenn die Fetzen fliegen!
Wir werden viel Bambule machen,
doch nur zum Scheine uns bekriegen.“
Ein Kandidat fragt ahnungslos:
„Statt zu regieren, spielen wir bloß?
Was wird dann mit den Wählerstimmen?
Sollen die nutzlos nur vergammeln?
Sollen wir die ganzen scharfen Stimmen
am Ende für die Katze sammeln?“
„Oh nein, mein Freund, wo denkst du hin.
Das hat schon alles seinen Sinn.
Ist´s Wählervolk mal aufgebracht,
dann wird es damit totgemacht.
Verschwendet nicht die Munition,
gebt acht auf Kugel und Patron´!
Pro Wählerbrust, das wisst ihr ja,
ist letztendlich nur eine da.“
Die Wählerstimmen sind gezählt,
die Kandidaten sind gewählt.
Der Herr Direktor musste fliehen,
die Lehrer mussten Leine ziehen,
die Wähler müssen Klammern fressen.
Demokratie kannst du vergessen.
